21. Oktober 2016

Entscheid des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) vom 14. Mai 2013 in der Sache Gross gegen die Schweiz, Beschwerde Nr. 67810/10

Alda Gross, eine betagte Dame, welche schon einen missglückten Suizidversuch hinter sich hatte, wollte angesichts ihrer immer mehr schwindenden Kräfte ihr Leben beenden. Sie hatte keine Angehörigen und wollte es vermeiden, pflegebedürftig zu werden.

Alda Gross, eine betagte Dame, welche schon einen missglückten Suizidversuch hinter sich hatte, wollte angesichts ihrer immer mehr schwindenden Kräfte ihr Leben beenden. Sie hatte keine Angehörigen und wollte es vermeiden, pflegebedürftig zu werden. Sie ging mehrere Ärzte an, welche dies jedoch ablehnten oder aber eine Garantie verlangten, nicht dafür belangt zu werden, einer zwar betagten, aber soweit gesunden Frau Suizidbeihilfe durch Rezeptierung des letalen Barbiturates zu leisten. Alda Gross verlangte daraufhin, dass ihr das Medikament vom Staat abzugeben sei. Alle nationalen Instanzen lehnten ab. Mit Urteil vom 14. Mai 2013 entschied der EGMR, dass die gesetzlichen Bestimmungen für Fälle wie diesen in der Schweiz effektiv unklar sind und diese Unklarheit Ärzte offenbar daran hindere, in Fällen wie diesem zu rezeptieren. Die unklare Regelung der Schweiz verstosse gegen Art. 8 Abs. 1 der EMRK. Das Urteil wurde von der Schweiz an die grosse Kammer gezogen. Da Alda Gross, wie erst später bekannt wurde, bereits vor dem ersten Urteil verstorben war und spezielle Vorkehrungen getroffen hatte, damit selbst ihr Rechtsvertreter von ihrem Tod keine Kenntnis erhielt, wurde das Urteil von der Grossen Kammer des Gerichtshofes aufgehoben. Die eigentliche Begründung des Kammerurteils wurde nicht in Frage gestellt und muss somit auch heute noch als gültig angesehen werden.

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